pic

Morgenstern - Abendstern


(BK)  “Schau wie hell der Abendstern leuchtet !” - Das hört man schon so manches Mal beim abendlichen Spaziergang, gleichzeitig mit einem Blick zum Westhorizont.
Ebenso, wenn man in diesen Herbsttagen bei ständig späterer Morgendämmerung zur Arbeit fährt, fragen die Kollegen, “Was ist das überhaupt für ein heller Stern im Osten ?” Hell wie ein Flugzeugscheinwerfer leuchtet der Morgenstern schon lange vor Sonnenaufgang.
Doch was sind denn nun der Morgen- und der Abendstern ? Die Antwort ist ganz einfach: sie sind beide das Gleiche, nämlich der Planet Venus.
Die Venus ist unser nächster Planet. Sie kann uns im günstigsten Fall bis auf 41,5 Millionen km nahe kommen. Das entspricht etwa der 108-fachen Entfernung Erde - Mond. Zählen wir von der Sonne  aus, dann ist die Venus der zweite und die Erde der dritte Planet. Unser nächster äußerer Nachbar wäre der Mars.
Aber wie kommt es nun, daß die Venus mal am Morgen, mal am Abend zu sehen ist ? - Nun, dazu Betrachten wir zunächst einmal, daß die Planeten alle um die Sonne, als ihr Zentrum, kreisen. Wir wissen, daß die Venus näher zur Sonne steht als die Erde, und somit auch einen kleineren Kreis um diese beschreibt. Die Erdbahn umschließt also die Venusbahn.
Da wir uns auf der Erde befinden, müssen wir natürlich auch unser Betrachtungssystem so ausrichten (geozentrisches Weltsystem). Das hört sich im ersten Moment sehr schwer an, ist es aber keinesfalls. Betrachten wir doch einmal in aller Ruhe  unsere Sonne. Sie geht im Osten auf, wandert über Süden (Höchststand) und geht im Westen unter. Wir stellen uns einmal vor, daß es gar keine Nacht geben und die Sonne immer hoch über dem südlichen Horizont stehen würde. Wir sagten ja, daß die Venus die Sonne auf einer kleineren Umlaufbahn umkreist. Also lassen wir sie doch einmal kreisen.
Da (fast) alle Bewegungen im Sonnensystem links herum sind, wird die Venus mal auf der linken Seite der Sonne stehen, langsam auf die Sonnenscheibe zuwandern, um dann vor ihr vorbeizuziehen. Sie wird sich dann auf der rechten Seite zunächst immer mehr vom Sonnenkörper entfernen, um dann allmählich in einiger Entfernung stehenzubleiben und sich wieder der Sonne nähern. Alsbald wird sie dann hinter ihr verschwinden, um dann wieder auf der linken Seite zu erscheinen. Das Spielchen beginnt von vorne. Das alles passiert natürlich nicht in Stunden, sondern vielen Monaten. Wenn wir uns nun diese Bewegung innerlich vorstellen können, dann ist der nächste Schritt auch nicht sonderlich schwer.
Da die Sonne eben nicht still am Himmel steht, sondern sich innerhalb eines Tages von Ost nach West bewegt, wird sie die  gerade von uns nachvollzogene Umlaufbahn der Venus immer mit sich ‘schleppen’. Befindet sich die Venus nun auf der linken Seite der Sonne, dann stellen wir uns folgendes vor: Die Sonne geht im Osten zunächst auf. Da die Venus links von ihr steht, befindet sich diese noch unter dem Horizont. Es wird taghell und niemand merkt den späteren Aufgang des hellen Planeten. Neigt sich der Tag, dann wird die Sonne alsbald unter dem Westhorizont verschwinden. Da sie aber die Venus auf ihrer linken Seite im Schlepptau hat, steht diese plötzlich strahlend hell über dem Westhorizont, bis sie dann auch später untergeht. Die Venus ist der Abendstern.  !
Der andere Fall wäre, daß die Venus auf der rechten Seite der Sonne steht. Weit vor Sonnenaufgang sehen wir plötzlich einen hellen Stern im Osten aufgehen, der Morgenstern, denn die Sonne schiebt ja die Venus vor sich her. Ständig voranschreitende Dämmerung läßt dann die Sonne aufgehen und die Venus in ihrem gleißenden Tageslicht verschwinden. Bevor die Sonne am Abend den Westhorizont erreicht, wird das die rechtsseitig stehende Venus als erste untergehen, später dann unser wärmespendendes Zentralgestirn. Am nächsten Morgen wiederholt sich dann diese Prozedur. Dieses geschieht dann von Morgen zu Morgen bis die Venus auf ihrer Umlaufbahn so nahe an der Sonne steht, daß sie beide fast gleichzeitig auf- und untergehen. Aber schon bald wird die Venus dann wieder die Seite gewechselt haben. Und sich auf der linken Sonnenseite weiter entfernen und im Laufe der nächsten Zeit wieder der Abendstern sein.
Dieses eben beschriebene Prinzip kommt der wirklichen Bewegung sehr nahe. Auf eine Beschreibung der realen Bewegung, bedingt durch die Erdbahnbewegung,  möchte ich verzichten, da der unbedarfte Sternfreund unnötig verwirrt werden könnte.

 
 
 

ältere Themen