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Zeitenverwirrungen


(BK)  Wer kennt es nicht, das oft lästige Umstellen der Uhrzeit ? Reisen wir von Ost nach West oder umgekehrt, so stellen wir unser Chronometer um. Aber auch Nichtreisende dürfen sich am Eichspiel der Zeiten beteiligen. Am 31. Oktober war es wieder soweit ! Um 3 Uhr in der Nacht wurde die Zeit wieder 1 Stunde zurückgestellt. Das Ende der Sommerzeit in Deutschland. Sie wurde 1982 hier zulande eingeführt. So wie in der BRD machen es viele Länder weltweit: im Frühjahr eine Stunde drauf, im Herbst wieder eine runter. In der ehemaligen UdSSR sah es noch drastischer aus: die Moskauer Zeit differierte sogar 2 Stunden in der Umstellung. Natürlich gibt es auch Länder, die nichts von der Sommerzeit halten. Man kann sogar in einem Land unterschiedlicher Meinung sein: In den USA stellen viele Staaten um, außer Arizona und der größte Teil von Indiana. Aber an dieser Stelle soll nicht für und wider Sommerzeit diskutiert werden. Ich möchte lediglich einmal dem Unbedarften einige verschiedene Zeiten vorstellen. Ich denke, daß es mir gelingen wird „Verwirrung" zu stiften !

Die wohl bekannteste Zeit ist die „mittlere Sonnenzeit". Mit ihr leben wir tagtäglich, obwohl es kaum jemanden gibt, der sie  wahrnimmt. Ein mittlerer Sonnentag hat exakt 24 Stunden. Abweichend hierzu gibt es noch die „wahre Sonnenzeit" (WSZ). Wenn wir wissen, wo der exakte Südpunkt für unseren Standort zu finden ist, dann brauchen wir nur noch auf die Uhr sehen, wenn die Sonne an beliebigen Tagen genau in ihm steht. Man sagt, sie steht im „wahren Mittag". Schnell werden wir feststellen, daß die Sonne an verschiedenen Tagen selten zur gleichen Zeit im wahren Mittag steht. Aus diesem Grund geht die Sonnenuhr auch nicht richtig. Extremfälle sind im Januar und Juli. Der Unterschied zwischen den Tageslängen beträgt dann etwa 16 Sekunden. Das hört sich zwar nach sehr wenig an, doch wenn es sich von Tag zu Tag aufsummiert, können beide Zeiten im Extremfall etwa -14 und + 16 Minuten voneinander differieren. Der Grund ist darin zu suchen, daß die Erde nicht auf einer kreisförmigen, sondern elliptischen Bahn um die Sonne läuft. Ist sie näher an der Sonne, so bewegt sie sich schneller und der Tag wird länger. Der mittlere Sonnentag gleicht über das Jahr gesehen die Ungenauigkeiten der wahren Sonnentage aus.

 

Das sog. Analemma: 
Wir sehen die Sonne (dicke Lichtpunkte) zur gleichen mittleren Sonnenzeit an verschiedenen Tagen über das gesamte Jahr auf- genommen. Hier wird besonders deutlich, daß die wahre zur mittleren Sonnenzeit differiert. Gleichzeitig ändert sich im Laufe des Jahres auch der Sonnenstand. Im Sommer steht die Sonne höher als im Winter. Dadurch entsteht diese Schleifenform. Die dicken Lichtbalken sind die Sonne in einer Dauerbelichtung von Sonnenaufgang an aufgenommen.
  
Eine ebenfalls vertraute Zeit ist die „Mitteleuropäische Zeit". Sie ist eine sogenannte Zonenzeit. Das muß vielleicht etwas näher erklärt werden. Wahre und mittlere Sonnenzeit, aber auch die Sternzeit, sind sog. Ortszeiten, d.h. sie gelten nur für einen bestimmten Ort. Steht die Sonne in Itzehoe genau im Süden, dann haben wir den wahren Mittag. Ein Ort östlich, beispielsweise Lübeck, hatte bereits den wahren Mittag, und einer westlich (z.B. Bremen) wird ihn erst haben. Würde jeder Ort seine eigene Ortszeit haben, dann würde es ein heilloses Durcheinander geben. Reise ich von Bremen nach Lübeck, dann müßte ich meine Uhrzeit umstellen. Würde ich in Hamburg umsteigen, dann könnte ich gar den Zug verpassen, weil ich noch „Bremer Zeit" auf meiner Uhr habe. Dieses Durcheinander herrschte noch bis zum 31. März 1893 in Deutschland, dann wurde die Mitteleuropäische Zeit eingeführt.
Man hat die gesamte Erde rundherum in 24 Zeitzonen eingeteilt. Als allgemeine technische Richtzeit hat man die Weltzeit (WZ) eingeführt. Sie wird durch den NULLTEN Längengrad markiert, der genau durch Greenwich läuft. Aus diesem Grund wird sie ebenfalls Grennwich Meridian TimeUniversal Time (UT) genannt. 15 Grad östlich von Grennwich finden wir die MEZ. Der mittlere Längengrad, der durch Deutschland geht ist der 9,5-te. Da er näher an 15 liegt, haben wir eben MEZ. Nebenbei sein noch bemerkt, daß Orte auf dem gleichen Längengrad auch die gleiche (Orts-) Zeit haben.
(GMT) aber auch

Eine weitere Zeit ist die Sternzeit. Auch sie kann von uns ohne Probleme gemessen werden. Wenn wir im Sommer auf der Terrasse sitzen, dann suchen wir uns einen hellen Stern und setzen uns so hin, daß der Stern bald hinter einer Hauskante verschwindet. Nun merken wir uns die Zeit. Wir lassen unsere Sitzgelegenheit am gleichen Platz stehen und machen die gleiche Beobachtung und Zeitmessung einen Tag später. Der Stern wird ca. 4 Minuten (genau: 3m56s) früher verschwinden (auf die mittlere Sonnenzeit gemessen). Es liegt daran, daß sich die Erde um die Sonne bewegt und dadurch bei ihrer täglichen Umdrehung um sich selbst immer etwas früher auf einen entfernten Fixstern weist. Dem aufmerksamen Sternfreund wird natürlich jetzt aufgefallen sein, daß dieses die Erklärung dafür ist, daß sich die Sternbilder im Laufe des Jahres ganz allmählich immer mehr Richtung Westen verschieben.
Eine weitere, erst in den vergangenen Jahrzehnten interessant gewordene Zeit, ist die Atomzeit. Alle öffentlichen oder funkgesteuerten Uhren werden von der Atomuhr der technisch physikalischen Bundesanstalt in Braunschweig gesteuert. Atomuhren laufen fast 100%-ig präzise. Einige Armbanduhren gehen pro Monat um 10 Sekunden falsch, die Atomuhr in 300 Jahren nur 1 Sekunde. Auf Grund der Ganggenauigkeit der Atomuhren im Vergleich zur Erde kommt es immer wieder zu kleinen Differenzen. Bei Bedarf wird dann die Zeit durch eine Schaltsekunde korrigiert. Eine solche Schaltsekunde wurde erstmals am 30. Juni 1972 eingelegt.
In der Astronomie wird häufig die Ephemeridenzeit (ET) verwendet. Sie charakterisiert eine konstante ohne Schwankungen verlaufende Zeit.

Beenden wir das unverständliche Zeitengewirr und wenden uns einem aktuelleren Thema zu. Weg von den kleinen Zeiteinheiten zu den großen, und hier eigentlich auch nur zur Jahrhundert-(-tausend)wende !

Wann beginnt denn nun das neue Jahrtausend ?? Eine viel diskutierte Frage, die kaum jemand beantworten kann. Schenkt man den Medien Glauben, dann mit dem Ablauf dieses Jahres. Und somit rüstet man kommerziell . Schenkt man den Historikern Glauben, dann kann es bereits gewesen sein, denn mehr als 600 Jahre nach Christi Geburt wurde unsere Zeitrechnung eingeführt. Und das wohl eher mit gutem Glauben als mit gutem Wissen. Da dieser Kalender (mit einer kleinen Modifizierung von Papst Gregor 1582) aber nun schon mal da ist, kann man auch mathematische Maßstäbe ansetzen.
Das Jahr 1 a.D. (anno domini = im Jahre des Herren) ist das Geburtsjahr. Wie bei einem Neugeborenen befinden wir uns im ersten Lebensjahr. Ist dieses erste Lebensjahr vollzogen, dann ist das Kind 1 Jahr alt. Ist das Kind nun im zweiten Lebensjahr, dann ist es eigentlich immer noch 1 Jahr alt. Hat es aber das zweite Lebensjahr vollzogen, dann ist es tatsächlich 2 volle Jahre alt.
Zur Vertiefung noch ein wenig weiter: Befindet sich das Kind im fünften Lebensjahr ist es noch 4 Jahre alt, mit dem Vollzug jedoch 5 Jahre.
Das Kind hat zum Ende des 10. Lebensjahres mit dem 10. Geburtstag das 1. Jahrzehnt hinter sich gebracht.
Einige ältere Menschen kommen sogar in den Genuß ein ganzes Jahrhundert des Lebens zu feiern, also mit dem 100. Geburtstag am Ende des 100. Lebensjahres.
Ein ganzes Jahrtausend nach Christo wäre dann tatsächlich mit dem 1000. Geburtstag nach Vollendung des 1000. Lebensjahres beendet. Das 2. Jahrtausend würde dann vom 1.1.1001 bis zum 31.12.2000 gehen. In der Sylvesternacht zum 1.1.2001 könnte dann das neue 3. (!) Jahrtausend begrüßt werden.
Letztendlich muß jeder selbst wissen (oder auch nicht), wann er nun die Jahrtausendwende feiern möchte.

         In jedem Fall wünsche ich allen einen guten Rutsch ins neue Jahr (tausend) !

 
 
 

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